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The Renaissance of traditional Medicine in Nepal (Satis Shroff, Freiburg)

Vishnu reposing on his bed of serpents is the supreme being from whom all things emanate. In the Mahabharata and the Puranas he is the prajapati or creator. The Kings of Nepal have been regarded as the reincarnation of Vishnu, the second God of the Hindu triad. Alas, the King didn't wake up to the damands of the people and didn't go with modern times. As a result he was, as we say in Germany, entmachtet. (Foto (c) satisshroff freiburg).

Die Renaissance von traditionelle Medizin in Nepal (Satis Shroff, Freiburg)

Magico-religious Cases from Nepal & Germany: „Gibt es Hexen in Deutschland?“ fragte Archana Tamang, ein 26jährige Nepalesin aus Dharan bei einem nepalesischen Zusammentreffen in der Pochgasse 31 in Freiburg. Es war eine interessante Frage. Ich dachte an die symbolische Verbrennung von Hexen während der Fasnetzeit in den allemanischen Gegenden und auch über die Exorzisten Gerichtsverfahren und sagte,“ Ja, es gibt Hexen in Deutschland“.

Seitdem ich nach Deutschland gekommen bin, bin ich von einer boksi (Hexe) gebissen worden. Ich habe auch Alpträume, wenn eine boksi mich beißt“. Der nepalesische Begriff dafür ist „aithan-paryo“. In Nepal gibt es weibliche boksis und männliche boksas. Wenn man schläft, hat man ein schweres Gefühl im Brustbereich und diese Schwere wird immer schlimmer, als ob jemand Gewichte auf der Brust legen wurde. Das Atmen wird schwerer und schwierig, man schwitzt und schnappt nach Luft und plötzlich wacht man auf und findet sich mit Schweiß durchnässt. Was man hier erlebt hat, wird in Nepal als eine Attacke von „aithan“ bezeichnet.

Archana sagte: „ Wenn ich von einer Hexe eine Attacke bekomme, habe ich rote Ausschläge, an der Stelle, wo die Hexe mich gebissen hat. Nach ein paar Stunden nimmt es eine blaue Farbe an“.

Ich fragte Archana ob sie solche Bisse auch hatte, als sie in Nepal war.

Selbstverständlich!“, sagte sie, „ich hatte so was häufig in Dharan und Katmandu.“ Ich fragte weiter wie die Bissstellen aussahen: Ob sie zum Beispiel aussahen wie Insektenstiche. Ich dachte an Dharans fast subtropisches Klima, die Luft verpestet mit tropischen Insekten wie Anopheles Moskitos.

Es sieht aus wie ein Biss,“ antwortete sie, als ob sie irritiert wäre und als ob sie meine Gedanken lesen konnte, fügte sie hinzu: „Aber hier in Deutschland muss man nach Insekten suchen, weil alles so sauber und steril ist. Es scheint schwierig zu sein, Insekten überhaupt in den Wohnungen zu finden, weil man in den städtischen Gegenden beim kleinsten Verdacht überall mit Insektiziden und Pestiziden sprüht“.

Sie hatte recht. In Nepal braucht man nur ins Terai (Flachland) oder nach Chitwan gehen und man konnte Tiger, Leoparden, Wildelefanten und Nashörner sehen und es war ein Paradies für Entomologen.

Die anderen Gäste in der Pochgasse 31 waren ein Deutsch-Nepali Ärztepaar. Sie hatten sich während ihres Studiums kennengelernt und nach hinduistischen Riten geheiratet. Ich übersetzte was Archana erzählte, weil der deutsche Arzt(namens Stefan H.) nicht so gut Nepali verstehen konnte, und fragte ihn, was er darüber denke. Er war der Meinung, dass es ein psycho-somatisches Phänomen sein könnte, weil Archana neu in Deutschland war, keine Freunde hatte, und mit ihrem Mann in einer seltsamen Umgebung mit andere Sitten und Gebräuchen alleine lebte. Sie war unglücklich, weil sie die deutsche Sprache nicht konnte, und nicht in der Lage war, in der Stadt Kulmbach (Bayern), wo sie lebte, mit irgend jemand zu kommunizieren.

In Nepal wären Archanas Probleme mit den boksi-Bissen überhaupt keine Thema, weil jedes Dorf seinen eigenen Schamanen hat, der die psychosomatischen und religiösen Krankheiten kurieren kann, indem er die Probleme durch Mantras, Seance, Kräutermedizin oder in modernen Zeiten, durch den kompetenten Gebrauch von modernen Pharmaka behandelt.

Es muss erwähnt werden, dass in den 80000 Bergdörfern Nepals mindestens 400000 Schamanen und traditionelle Heiler leben, denen die nepalesischen Gesundheitsbehörden teilweise die Grundlagen der modernen Behandlungsmethoden beigebracht haben. Früher durften die Schamanen sich nicht bereichern wegen der schamanistischen Gelübde und dem Ethos.

Die Zeiten haben sich geändert. Heute segnet der nepalesische Schamane eine lebensrettende Elektrolytlösung für die Behandlung von akuter Diarrhoe (Durchfall). Er macht sich nützlich indem er ritualisierte Anti-Baby Pillen für eine kleine Kommission verkauft. Damit hilft er bei der Familienplanung, die durch die Regierung gewünscht wird. Die nepalesische Regierung hat den Schamanen einen offiziellen Status gegeben und zusätzlich einen Titel: „Practitioner of Traditional Medicine“ verliehen, mit der Bedingung, eil sie an medizinischen und hygienisch ausgerichteten Kursen teilnehmen.

Die Stellung des Dorfschamanen wird wichtiger und er sammelt neue Methoden in der Heilbranche(-kunst) im Himalaya Königreich. Was hier geleistet wird, ist die nützliche Kombination von traditioneller und moderner Medizin.

Sogar mein Mann hat Bisse auf seinem Arm“, sagte Archana weiter. Ihr Mann, ein Nahrungsmitteltechnologe bejahte, indem er seinen Kopf mindestens viermal bewegte.

Ich habe einen Onkel in Nepal, der zuerst Schamanen in seinem Traum sah,“ sagte Archana. Sie sagte, dass der alte, erfahrene Schamane seines Dorfes gestorben war. Ihr Onkel hatte häufig den Schamanen in seinen Träumen gesehen, aber er dachte nicht weiter darüber nach. Aber die Träume wurden häufiger. Jedes Mal, wenn es eine schamanistische Seance in dem Dorf gab, fing ihr Onkel an in einem Trancezustand zu zittern und sich zu schütteln wie ein Blatt im Wind. Die Trommeln der Schamanen verursachte sein Schütteln.

Nach einer gewissen Zeit tauchte der Schamane wieder in seinen Träumen auf. Der Onkel erzählte später, dass der verstorbene Schamane ihm gezeigt hatte, wo er seine schamanistische Requisiten versteckt hatte: der dhangro (Trommel) und gajo (Stab) befanden sich hinter einem Gebüsch, der Kopfschmuck mit den Federn von einem Stachelschwein an einer anderen Stelle, und neben einem großen Stein am Fluss waren die rudrakscha malas (Gebetskranz) und der Gurt mit Glocken. Daneben war auch das Messing bumba (Krug) und seine thumri (rituelles Holzmesser).

Das war für Archanas Onkel ein Zeichen, Schamane zu werden, und der junge Mann, wie es in der Laienätiologie ist, fragte zuerst seine Eltern und Nachbarn nach deren Rat und sie alle dachten, er sollte ein Schamane werden. So geschah es und er sammelte von dem toten Schamans rituelle Objekte und wurde selbst eine Schamane.

Ich sagte, dass ich ein Buch von einem Amerikaner namens Larry Peters gelesen hatte, der eine wissenschaftliche Arbeit über Schamanismus in Tin Chuli außerhalb des Katmandutales schrieb. Larry Peters arbeitete als Assistent Jhakri (Schamane) und trommelte auf seinem dhangro, sagte aber seinem Lehrer Bhirendra, eil er nicht an die Welt der Geister glaube. Er weigerte sich an einem de riguer Initiationsritus teilzunehmen. Als Larry Peters und sein kleiner Sohn ernsthaft erkrankten, bevorzugten sie es lieber zum Missionsspital zu gehen und sich dort behandeln zu lassen—anstatt von dem Dorfschamanen. Peters Sohn starb im Krankenhaus. Bhirendra wollte danach mit dem Amerikaner nicht mehr reden, weil es zwischen ihnen ein Vertrauensbruch gegeben hat.

Die Frage ist: Wäre der Sohn am Leben, wenn Larry Peters es zugelassen hätte, dem Schamanen Bhirendra die Behandlung zu überlassen? Vielleicht sollte der moderne Arzt auch lernen, seine Patienten zu einem Schamanen zu schicken, wenn er mit bestimmten Symptomen bzw. Krankheiten nicht fertig wird. Der Schamane wird die Krankheitsursache vertreiben, nämlich eine unsichtbare Macht, die in der sichtbaren Welt aktiv wird und Leiden und Krankheit verursacht. Der Schamane vermittelt zwischen der unsichtbaren und irdischen Sphäre und zwingt die bösen Mächte, die Menschen befallen, ihre Identität Preis zu geben. Er fragt, was sie wollen und vertreibt sie aus der somatischen Umwelt der Menschen, die sie in Besitz genommen haben. Dies ist traditionelle Heilung durch ein Ritual.

Als ich Archana über ihr Leben in einer deutschen Kleinstadt fragte, antwortete sie: „Manparey-na!“ Was soviel bedeutet wie „mir gefällt es nicht“. Sie hatte offensichtlich Sehnsucht nach den Bergen von Dharan in Ostnepal und dem heilige schneebedecktem Himalaya. Sie machte sich Sorgen wegen ihren zwei Kindern, die noch bei den Großeltern in dem kleinen Himalaya Königreich waren, wo die Großeltern jetzt elterliche Funktionen ausübten. Die Trennung von der Heimat und Familie empfand sie unerträglich. Am Anfang hatte sie gedacht, eil die deutschen Ärzte sich nicht mit boksa-boksi auskennen, daher suchte sie die Ärzte nicht auf. Nach diesem Gespräch denkt sie über die Sache anders.

Mittlerweile hat Archana eine moderne deutsche Ärztin besucht und hat einen Allergietest und diverse Bluttests machen lassen aber ihre Boksi-Bisse werden erst geheilt, wenn sie nach Nepal zurückkehrt und wenn sie ihren Dorfschamanen besucht.

Wenn ein Mensch aus einer Kultur wie Nepal kommt und in einer anderen Kultur wie Deutschland erkrankt, erlebt er oder sie, sowie der behandelnde Arzt irritierende Erfahrungen. Die Erfahrung der Erkrankung und des Heilprozesses ist kulturell vorstrukturiert. Kulturen und ihre Symbolsysteme unterscheiden sich. Doch im Fall von Archana Tamang, die aus einer fremden Kultur kommt, ist der Erfahrungsprozess einheitlich und heilend, nur solange die Kultur intakt ist. In Deutschland war es nicht der Fall.

Fallbeispiel II: Ein 21jähriger Mann namens Dil Bahadur Magar vom Magar Bergstamm Nepals kam wegen Schmerzen und „nicht verstanden werdens“ zu der Beratungsstelle in St. Christoph, Freiburg. Er hatte schon eine Reihe von Ärzten besucht, seitdem er in Deutschland war und er wollte es mit körperschonenden alternativen Methoden wie z.B. der Homöopathie versuchen. Er hatte sich Geld geborgt (von einem Guthi) für die Reise nach Deutschland und kam über Moskau nach Frankfurt. Er empfand die Umwelt und die Lebensumstände in Deutschland als krankheitsverursachend.

Dil Bahadur müsste körperlich schwere und unqualifizierte Arbeit annehmen, was ihm schwer fiel und er wurde daraufhin ernsthaft krank. Die soziale und berufliche Lage in Deutschland wurde von ihm zusammengebracht, vor allem sein niedriger sozialer Status als ausländischer Asylbewerber verbunden mit vielfältigen Benachteiligungen und Belastungen, Unsicherheiten und Ängsten. Ausdrücke wie „Kulturschock“ und „Heimweh“ tauchten auch auf.

Er sagte, dass er in der Vergangenheit in Deutschland häufig beim Arzt war und die Ärzte glaubten, dass er Magen-Darm Beschwerden hatte und verabreichten ihm „eine ganze Menge Antibiotika“. Danach fühlte er sich schwach und konnte gar nicht mehr arbeiten, obwohl er eigentlich nach Deutschland gekommen war, um zu arbeiten. Er dachte an die Schulden, die er für den teuren Flug nach Deutschland gemacht hatte. Er lächelte verlegen, als er die Geschichte erzählte. Was würden seine Eltern und Verwandte denken? Wie konnte er ihnen sein Gesicht zeigen? Und die Guthi-Schuld? Er hatte gehofft, in Deutschland Geld zu verdienen, wie der Schlepper es ihm versprochen hatte, und nicht nur die Schulden an den Gläubiger zurückzuzahlen, sondern auch zusätzlich etwas mitzunehmen. Sein Darm und sein Körper hatten rebelliert und er war traurig und enttäuscht. Er hatte Heimweh nach seinem Magardorf in Nepal.

Er fand Deutschland schön, die Geschäfte, die schönen Kinder, Männer und Frauen, aber er konnte mit ihnen wegen mangelnder Sprachkenntnisse nicht reden. Außerdem durfte er Freiburg nicht verlassen (Residenzpflicht). Es war ihm geblieben, als mittelloser Zaungast dem Konsumleben auf der Kaiser-Joseph-Strasse zuschauen. Sein Körper sei in Freiburg aber seine Seele wäre schon längst in Nepal. Er hatte die „Nase voll“ von medizinischen Behandlungen und er würde sein Dorfschamane aussuchen, wenn er wieder in Nepal ist. Er habe sowieso nur eine begrenzte Duldung. Bald werde er „eh abgeschoben“ werden, wie die anderen Nepalesen. Seiner Meinung nach war es ein gewaltiger Fehler, nach Deutschland zu kommen.

In der Zwischenzeit ist er abgeschoben worden. Vielleicht wird der fürsorgliche Magar Dorfschamane die bedrohte Bindung des kranken jungen Magar Mannes zu seiner ethnischen Gruppe wiederherstellen und verstärken.

Fallbeispiel III: Sudha Chettri, 12 Jahre alt, hatte Tollwut und der moderne Nepali Arzt, der diese Diagnose in einem Dorf in Ilam (Nepal) stellte, sagte zu ihren Eltern, daß er nichts für die Patientin tun könnte. Das dünne Mädchen kroch im Bett, wie eine eingeengte Katze. Sudha schrie immer wieder so laut, dass man eine Gänsehaut davon bekam. Ihr Mund war bedeckt mit einem braunen Schaum.

Der Vater des Kindes war schockiert von der Diagnose: Tollwut – Hydrophobie. Seine zierliche Frau Maya Devi sagte: „Es muss doch möglich sein, für unsere Tochter etwas zu tun. Ein Hundebiß kann doch nicht so schlimm sein“.

Aber Sudha lag im Sterben und nicht mal die moderne Medizin mit ihrem ganzen Arsenal von Antibiotika, Sufadrogen, Interferonen, Zovirax u.s.w. konnte das Nepali Mädchen heilen.

Da Maya Devi eine interethnische Ehe eingegangen war, und eigentlich eine Tamangfrau war, entschied sie sich einen Jhakri rufen zu lassen, obwohl ihr Mann nichts von traditionellen Heilern wie Dhami, Jhakri, Bijuwa, Lama, Bongthing etc. hielt. Er verpönte deren „phuk-phak-Methoden“, wie er sie nannte, was soviel wie „blasen-und-wegschmeisen“ bedeutete. Maya Devi ihrerseits hielt nicht viel von moderner Medizin und bevorzugte traditionelle Heiler, die sie durch ihre Eltern und Großeltern kannte, wo ein Schamane mit einem Dutzend Eiern oder einer kleinen Ziege als Anzahlung für die aufwendige rituelle Behandlung zufrieden war. Der Arzt verlangte bares Geld, was für den Bergbewohnern eine Seltenheit ist.

Sudha wurde von dem Jhakri und einem anderen Dhami behandelt, aber sie starb in dem selben Nacht.

Sowohl-als-auch Haltung: Die Jahrhundertalte Tradition der dhami-jhakri, des durch Beschwörung der Geister beeinflußbaren Schicksals, ist in Nepal erhalten geblieben. Immerhin bietet sie den Leidenden ein Kommunikationsmuster über die Natur des Übels. Denn Geister in verschiedenen Inkarnationsformen, ob grob- oder feinstofflich, gehören für den traditionsbewussten Nepalesen zu den Selbstverständlichkeiten des Daseins. In Sudha Chettris Fall, waren die traditionellen Heiler an die Grenzen ihres Könnens gelangt. Es wäre nicht so weit gekommen, wenn die Eltern des Mädchens bezüglich der Infektionsgefahr durch die Viren aufgeklärt gewesen wären. Dieses Beispiel zeigt, wie dringend notwendig es ist, die Bevölkerung Nepals präventiv über Hygiene, Krankheiten und Krankheitsvorstellungen der westlichen, modernen Sicht aufzuklären, damit sie eine gesunde „sowohl-als-auch“ Haltung entwickeln, je nachdem ob die Krankheiten psychosomatisch oder somatisch therapierbar sind.

Aus soziologischer Sicht werden den magischen Handlungen eine sehr zentrale und positive Rolle zugeteilt. Die Magie hilft nach ihren Beobachtungen nicht nur die Gruppenidentität zu stärken, indem ein gemeinsamer Feind bezeichnet wird, sondern erlaubt auch, das Böse und Unsichtbare zu erkennen, zu konkretisieren und durch geeignete Formen die eigene Umwelt und Mitwelt zu kontrollieren und zu beeinflussen. Außerdem erlaubt die Magie auch, schwierige körperliche Triebansprüche auf sozial legalisierte Weise zu befriedigen, ohne dadurch als abweichend oder krank bezeichnet zu werden.

Magico-religiöse Heilung: In der Regel können die Anhänger der Magie sehr gut in sämtlichen Lebensbereichen das Kausalprinzip und das logische Denken genauso wie vergleichbare Personen ihrer Schicht erkennen und damit umgehen. Ihre Haltung ist, wie in der Koexistenz von Magie und Religion, eine „Sowohl-als-auch-Haltung."

Einfühlungsvermögen & Vertrauenswürdigkeit: Das Misstrauen des Anhängers der Magie richtet sich nicht gegen die berufliche Fähigkeit des Mediziners, Krankenschwester oder Health Worker (Gesundheitsarbeiters), sondern gegen seine oder Ihre Person. Die Einfühlungsvermögen und seine Vertrauenswürdigkeit werden getestet. Erfolgt der Vertrauens- und Kommunikationsdurchbruch, öffnet sich der Patient, indem er auch über magische Erwartungen und Vorgänge spricht. Danach stellt sich ein für die Beratung sehr nützliches Verhältnis ein. Viele Leute neigen dazu, religiöse Phänomene nicht als solche hinzunehmen, sondern sie als lediglich an das soziale Umfeld gebunden anzusehen. Zum Beispiel versucht Miller auch mit religionssoziologischen Argumentationen eine Erklärung zu finden. Er geht so weit, dass er am Beispiel die Tripura-Sundari die dort stattfindende Blutopfer wie folgt zu deuten versucht:

Miller proposes the exclusivity of the Mother Goddess Tripura-Sundari is somehow connected with the relationship that exists between mother and son in the Nepalese family, where ethnic groups follow a patrilineal pattern of marriage, as is the case the middle-hill region around Dolakha. In such a pattern, the new wife comes into the family of her husband as an outsider, with no alliance. She finds that her husband’s strongest bond is with his mother.

The new wife will develop the same kind of bond when she herself becomes the mother of a son, for it is only then that she will have another person in the family bound to her by a natural relationship of blood. From this relationship she acquires status in the family. The lack of wife-husband intimacy is filled by the mother-son bond.“

Hier kann man von einer Mutter-Sohn-Koalition reden, da es gegen die Frau-Schwiegertochter gerichtet ist. “The strength of the relationship is put to test when the son grows up and it is time for the process to be repeated and another outsider brought into the family as his bride, necessary for the family’s continuance but threatening to the mother-son bond“. Die Braut wird nötig für die Reproduktion und zugleich eine Bedrohung für die Mutter.

The new bride is a rival in the eyes of the mother, who will try to keep for herself her son’s affections. The mother will make clear to the son in every possible way that his first duty is to her. The son thus experiences that his mother’s undoubted and nurturing love for him is also a possessive, exclusive love. Either he neglects to develop a deep relationship with his wife or he attempts to conceal it from his mother. The Thamis and Newars of Dolakha both regard the Mother Goddess Tripura-Sundari not primarily as a tender nurturing mother but as a demanding, restrictive one. This is what many of them, as sons and husbands, have experienced motherhood to be in their own families, especially in those days after marriage, when a mother asserts in the face of rivalry that her relationship to her son is primary“.

Mutter-Sohn Subsystem: Durch die praktizierte Exogamie und Patrilokalität bleibt die Nepali Ehefrau immer eine Fremde im Familienverband. Da sie auch sonst keine menschlichen Beziehungen aufbauen kann, ist die Mutter-Sohn-Beziehung sehr eng. Noch besitzergreifender erfährt der Sohn die Liebe seiner Mutter im Lösungsprozess des Erwachsen-Werdens und in bezug auf die Eifersucht der Mutter gegenüber seiner Frau.

Die Welt der Götter sei den wirklichen sozialen Umständen lediglich nachgestaltet. So stellten die Muttergottheit und ihre Blutforderungen die Kompensation der unbewussten Ängste des Sohnes vor der Mutter dar, die ihm, als Extremform des kaptativen Verhaltens, am liebsten verschlingen würde. Hier fragt man sich, ob Miller damit das Wesen des Kultes erfasst hat.

Das Ergebnis einer von der United Mission to Nepal erstellte Studie über die psycho-soziale Situation der nepalischen Mutter wurde auf einem Symposium vorgestellt. Der Forschungsbereich umfaßte Dörfer im Solukhumbu-Distrikt und die Stadt Katmandu und konzentrierte sich auf fünf ethnische Gruppen (Brahmanen, Chhetris, Sherpa, Tamang, Rai und Newar). Es zeigte sich, dass 56,9% der Mütter schlecht wohnen. 52,3% leben in Zweiraumhäusern und 33% haben keinen Besitz. Das durchschnittliche Heiratsalter liegt zwischen 15 und 19 Jahren, 22,8% davon hatten keinen Sohn. 68,8% der Ehemänner tranken. 41,7% der Mütter litten an Depressionen und in 44,2% der Ehen herrschte Missstimmung, in 7,4% schwere Zerrüttung1

In diesem Kontext muss man Claude Levi-Strauss, den Vater des Strukturalismus, erwähnen. Er hat postuliert, dass die Menschen und die Gesellschaft beziehungsweise soziale Gruppen als eine Ganzheit zu betrachten sind, die mehr und etwas anderes ist als die Summe ihrer Teile. Das Hauptgewicht der Erklärung liegt auf der Interdependenz der verschiedenen Teile eines solchen Ganzen.

Auch Salvador Minuchin verpflichtet sich dieser Sichtweise und beschreibt die Familie als ein offenes, soziales System. Familienstrukturen äußern sich durch die Art und Weise, wie die Mitglieder miteinander umgehen, wobei der kulturelle set-up hier eine Rolle spielt. Wiederholte Transaktionen führen zu Mustern und Verhaltensweisen, auf die bevorzugt zurückgegriffen wird und die so das System stützen und erhalten. Minuchin geht noch weiter und sagt, dass „das Familiensystem seine Funktionen durch seine Subsysteme vollzieht“. Das Individuum (selbst ein Subsystem) gehört mindestens einem Subsystem, oft mehreren Subsystemen an, in denen es ganz bestimmte Aufgaben wahrzunehmen hat und wo ganz bestimmte Erwartungen an es gestellt werden. Wenn man die obengenannte Statistik aus Nepal betrachtet, dann muss man feststellen, dass die Familien in verschiedenen Subsystemen zum größten Teil dysfunktional und familientherapeutisch behandlungsbedürftig sind.

Heiler als Ressourcen für das Gesundheitswesen: Allein 1980 sind mehr als 1000 traditionelle Heiler (Dhamis-Jhakris) von Dr. Badri Raj Pande und seine Mitarbeitern in Nepal unter einem Familienplanungs- und MCP2Projekt trainiert worden. Da es in Nepal sehr viele traditionelle Heiler als Ärzte und paramedizinisches Personal gibt, sind sie eine wichtige Ressource für die Familienplanungs- und Gesundheitsbemühungen in Nepal. Nach dieser Studie ist deutlich geworden, dass die traditionellen Heiler kulturell eine wichtige Rolle spielen. Sie haben schon ein funktionierendes Netzwerk, sie kosten auch nicht soviel wie die Ärzte und sind bereit, ihre Patienten meilenweit aufzusuchen und sie zu behandeln.

Durch medizinisch-trainierte traditionelle Heiler könnte eine gut entwickelte Strategie Millionen von Nepalesen erreichen. Die meisten Dhamis und Jhakris haben gezeigt, dass sie nicht nur bereit waren (und sind), über Gesundheit, Bevölkerung, Familienplanung und Grundwissen über Gesundheit zu lernen, sondern sie waren auch bereit, ihr erworbenes Wissen an ihre Gemeinden und Dörfer weiterzugeben.

Während die Ärzte sich mit Pilzen, Bakterien und Viren beschäftigen, suchen die Dhamis und Jhakris nach Geistern, Göttern, Hexen und anderen unsichtbaren mächtigen Wesen. Die Bevölkerung ihrerseits glauben an die Dhamis und Jhakris, trotz der Gefahr der Ettikettierung als anachronistisch und abergläubisch. Die nepalesische Regierung hat festgestellt, dass, obwohl die Health Posts (Gesundheitsposten) errichtet worden sind, die Dorfbewohner Nepals die rituellen schamanistischen Behandlungen bevorzugen.

Zum Wohle des Patienten (Glaube als Ressource): Als Hauptargument für dieses Projekt gilt der starke Glaube seitens der ländlichen Nepalesen an die Dhamis und Jhakris, und dieser Glaube sollte als Ressource benutzt werden. Die traditionellen Heiler sollten als wichtige Alliierte gewonnen werden, denn sowohl die Schulmedizin als auch die traditionelle Medizin handeln zum Wohl des Patienten. Dieses Ziel wurde von der Regierung formuliert und die Schamanen wurden mit Respekt behandelt, um Hilfe gebeten und vor allem ihre Teilnahme an Workshops bzw. Trainingsprojekten wurde empfohlen und unterstützt. Diese Workshops bzw. Trainingsprojekte fanden in Kanchanpur, Chandani Municipality, Mahendranagar, Syangja und Ilam statt. Es wurde den traditionellen Heilern erklärt, dass das Projekt keinerlei Interesse hatte, ihren Glauben oder die Behandlungsmethoden zu beeinflussen. Die Teilnehmer haben gelernt, wie sie die Bevölkerung motivieren können, eine Familienplanung und andere gesundheitsfördernde Maßnahmen und Verhaltensweisen zu entwickeln.

Krankheiten und Konformität: Die traditionellen Heiler Nepals erwähnen nicht nur von Geistern, Dämonen, Hexen und Götter verursachte Krankheiten, sondern auch Krankheiten, die in Konformität stehen mit epidemiologischen Untersuchungsergebnissen. Die üblichen Krankheiten, die von den traditionelle Heilern erwähnt werden, sind: Diarrhöe, Dysenterie, Husten, Pneumonie, Herzbeschwerden, abdominale Schmerzen, Gelenkschmerzen, und andere wenig spezifische Beschwerden wie Kopfschmerzen, Körperschmerzen, Schwindelgefühl etc. Andere häufig erwähnte Krankheiten sind: Erbrechen, Wurm (Infektion), „Scabies“, Pickel und verschiedene dermatologische Probleme, Tuberkulose, Urinprobleme und menstruelle Abweichungen bzw. Anormalitäten.

Die traditionellen Heiler wissen am wenigsten über Masern, Typhus, verschiedene Unfälle, falsche Ernährung (Malnutrition), Nasenblutungen und Blutungen im Zusammenhang mit einer Schwangerschaft. Manche Heiler erwähnen komplizierte Krankheiten wie Herzkrankheiten, neurologische Probleme und Geschlechtskrankheiten. Obwohl es schwierig war, über die Fähigkeit der einzelnen Schamanen die Krankheiten zu diagnostizieren, hatten sie dennoch alle ein gutes und funktionelles Wissen über ländliche Gesundheitsprobleme.

Plädoyer für eine professionelle Zusammenarbeit in Nepal: Die professionellen Krankenschwestern, Health Assistents und Ärzte (ausländische und einheimische) in Nepal könnten zum Beispiel Workshops mit den traditionellen Tractioners of Medicine abhalten sowie über die Probleme der Überbevölkerung, Hygiene und Fundamental-Krankenversorgung sprechen, die diese dann weiter in ihre Bereiche tragen. Eine Einbeziehung der traditionellen Heiler in Nepals Gesundheitssystem stellt eine sinnvolle Verknüpfung traditioneller Kurativmaßnahmen und westlicher Medizin dar und fördert so die Verbreitung vernunftorientierter Gesundheitsvorsorge und Behandlung.

Kleine soziale Netze existieren schon in den ländlichen Gegenden Nepals, aber effektive Beziehungen können auch vom neuen nepalesischen Kongress/maoistischen Staat gefördert werden. Der Staat muss auch handeln, um dieses Wachstum an Beziehungen und Erfolgserlebnissen in andere ethnien Nepals anzuregen (wie z.B. Guthi, Rodi etc.). Die professionelle und Selbsthilfemöglichkeiten innerhalb eines sozialen Netzes sollen koordiniert werden um die vielfältigen Hilfsmöglichkeiten auf die komplexen Problemlagen hin zu arrangieren und zu koordinieren.3 Voraussetzung dafür ist eine feldorientierte Neuorganisation der sozialen und medizinischen Dienstleistungsproduktionen.

For those interested in ritual healing methods in the world there is a seminar organized by the Südasien Institute, Dept. of Ethnology from 12.-16.March 2007. The program is available under: www.sai.uni-heidelberg.de/abt/ETHNO/forschung/springschool.htm. How does ritual healing work and what can we learn from it? Can and should ritual healing be publicly integrated in the Heath Services? These were the themes of the one-week seminar which showed the detailed and extensive field research among the ritual healers in Tibet, India, Indonesia, Kenia and Latin America.

Another programme organised this time by the Institute for Ethnology has a number of well-known Nepalese shamans like Maile Ngema Lama, wurde bereits mit 8 Jahren in der Wildnis von den Urahnen der Schamanen berufen und in das schamanische Heilwissen eingeweiht. Sie wuchs in einem Bergdorf der Tamang auf, die zur tibetischen Sprachgruppe gehören. Nach der weiteren Ausbildung in ihrer Stammestradition begann sie mit 11 Jahren zu praktizieren. Sie ist ca. 50 Jahre alt, gehört zum Volk der Tamang und ist heute eine der berühmtesten Heilerinnen von Nepal.
Mohan Rai, Direktor des Shamanistic Studies and Research Centre in Kathmandu, Nepal. Mohan Rai ist eine zentrale Persönlichkeit der schamanischen Kultur im Himalaya. Er ist 68 Jahre alt, stammt aus dem Grenzgebiet Nepal/Bhutan und gehört zum mongolischen Volk der Rai bzw. Kirati. Sein Vater war ein sehr berühmter Kirati-Schamane (“mudung”). Mohan Rai spricht über 10 Sprachen.

Parvati Rai, Nepal, ist Kirati-Schamanin und praktiziert seit 45 Jahren. Wie alle Menschen der Kirati-Tradition gehört Parvati Rai keiner Religionsrichtung an, sondern verehrt ausschließlich die Natur. Bei den Kirati nehmen Schamanen eine zentrale Rolle im Leben der Gesellschaft von der Geburt bis zum Tod ein. Im Alter von neun Jahren hatte Parvati Rai ihre erste Initiationserfahrung. Mit 16 bekam sie ihre Anerkennung zur Schamanin. Heute lebt sie in Kathmandu und arbeitet als Schamanin für die Kiratu-Gemeinschaft. Mithilfe des Zentrums von Mohan Rai unterstützt sie mit ihrer Arbeit die Kirati Foundation. Sie ist seit dem 15. Lebensjahr verheiratet und Mutter von vier Kindern. Geboren ist sie 1946 in Bjojpun Chhinaku, Ost Nepal.

Since 1974 I have been living on and off in Nepal, writing articles and publishing books about Nepal-- this beautiful Himalayan country. Even before I knew Satis Shroff personally (later) I was deeply impressed by his articles, which helped me very much to deepen my knowledge about Nepal. Satis Shroff is one of the very few Nepalese writers being able to compare ecology, development and modernisation in the ‘Third’ and ‘First’ World. He is doing this with great enthusiasm, competence and intelligence, showing his great concern for the development of his own country. (Ludmilla Tüting, journalist and publisher, Berlin).

Due to his very pleasant personality and in-depth experience in both South Asian, as well as Western work-styles and living, Satis Shroff brings with him a cultural sensitivity that is refined. His writings have always reflected the positive attributes of optimism, tolerance, and a need to explain and to describe without looking down on either his subject or his reader. (Kanak Mani Dixit, Himal Southasia, Kathmandu)

(Foto: © Satis Shroff , Freiburg 2007)

1Quelle: The Rising Nepal, Gorkhapatra Corporation Katmandu 29.4.97

2Nepal Family Planning (NFP) & Maternal Child Health Project (CHP). Dieses Projekt wurde sogar bei den Tharu Heilern in Dhangadi in1978 gestartet..

3Ballew, J.R./Ditzhazy, B., B.A.., Case Management, Approach for Preventing Child Neglect, In: M.(Ed.) Social Work in a Turbulent World, National Association of Social Workers, Siver Spring 1993, S. 181.

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